Sonntag, 20. Dezember 2020

Meine vierte Weihnachtsgeschichte

Meine vierte Weihnachtsgeschichte: Ich musste eine Weile überlegen, ehe mir tatsächlich ein weiteres weihnachtliches Erlebnis einfiel. Und ich bin gar nicht sicher, ob ich in der Erinnerung nicht vielleicht zwei Ereignisse zu einem mache oder einige Akteure falsch zuordne. Wenn man viele Winter erlebt hat, kommt das schon mal vor. Jedenfalls hat sich wohl Folgendes so oder so ähnlich zugetragen: Als meine Verwandtschaft noch deutlich umfangreicher besetzt war als heute, wurden die Feiertage bisweilen gemeinsam begangen. Man besuchte sich gegenseitig, es ging tatsächlich mehr um das Zusammensein als um Geschenke.

Es mag Ende der 80er Jahre gewesen sein, als eines jener Treffen bei uns zu Hause stattfand. Man platzierte sich gut gelaunt am Esstisch, um im gewohnten 30-minütigen Rhythmus ein Festtagsmahl einzunehmen. Weihnachten in dieser Konstellation bedeutete seinerzeit auch sinnlose Völlerei. Um dem juvenilen Jesus nicht nur durch stete Kalorienzufuhr, sondern auch angemessen erleuchtet zu huldigen, stapfte mein Vater als Herr des Hauses entschlossen auf unseren altgedienten Plastik-Christbaum zu und drehte an einer der elektrischen Kerzen, um selbigen in all seiner Spät-80er-Pracht erstrahlen zu lassen. Allein: Es blieb vergleichsweise dunkel. Nicht ein einziges der brandsicheren Kerzenimitate tat seinen Dienst. Natürlich konnte mein alter Herr als versierter Heimwerker das nicht auf sich sitzen lassen. Und so begann er, jede der etwa 50 kleinen Lampen einzeln zu untersuchen und mit seinem legendären Schraubendreher - der seit Jahrzehnten den Kampfnamen "der kleine Dicke" trug und noch immer trägt - abzuklopfen. Nach einer Weile trat mein ältester Bruder - seines Zeichens gelernter Elektriker - an seine Seite. Und kurz darauf sah sich der Kunststoffbaum umringt von einem halben Dutzend motivierter Experten, die ihn ausgiebig betrachteten und befingerten. Heller wurde es davon jedoch nicht.

Meine Nichte war damals zehn Jahre alt und hatte sich die Operation "Es werde Licht" die ganze Zeit über interessiert angeschaut. Nachdem sie zunächst ein halbes Stück des "Hühnerfutterkuchens" meiner Mutter (ich erkläre gerne auf Nachfrage, was das ist) gegessen hatte, deutete sie mit ihrer Gabel auf die Steckdose und äußerte einen Vorschlag: "Steckt doch mal den Stecker rein." Was soll ich sagen? Mit Strom funktioniert elektrisches Licht tatsächlich am besten. Und das war auch in den 80ern schon so.