Samstag, 14. Dezember 2013

Herzensangelegenheiten

Das Ziel des Lebens ist, Dünger zu werden. Und der einzige Mensch, der einen über die volle Distanz auf diesem Weg begleitet, ist man selbst. Das sind einfache Wahrheiten. Vielleicht die einzigen, die diese Bezeichnung wirklich verdienen.

Der Rest ist Veränderung, Unsicherheit, Risiko. Und das ist nicht nur völlig in Ordnung, das ist sogar nötig. Stillstand wäre das Ende. Und wer will schon am Ende sein?

"Wenn man wirklich Fan eines Musikers ist, macht man alle Veränderungen mit und findet alles gut", behauptete einst einer, der es nicht wissen muss. Deshalb wusste er auch nicht, dass das Blödsinn ist. Anhänger von Peter Green blieben mit Sicherheit nicht an Bord, als Fleetwood Mac Kurs auf seichtere Gewässer nahmen und der Kapitän das Schiff bei voller Fahrt verließ. Wessen Herz zwischen toupiertem Vokuhila und gestreifter Spandexhose zu finden ist, hatte bestimmt mit Rhythmusstörungen zu kämpfen, als Pantera vom Poser- zum Powermetal umschwenkten. Soll heißen: Veränderungen sind gut und richtig und sinnvoll. Immerhin reden wir hier (auch) über Kunst.

Ob man diese Veränderungen allerdings nachvollziehen kann oder gar selbst durchleben will, steht auf einem anderen Blatt. Und darunter steht noch was, im Kleingedruckten: "Jemand anderes sein zu wollen ist eine Verschwendung deiner Person." Der das gesagt hat, hat sich in eine vermeintlich bessere Welt geballert, richtiger: die Sache mit dem Dünger etwas vorgezogen. Hätte nun jeder Nirvana-Fan es Kurtchen nachgemacht, wäre möglicherweise bereits vor zwei Jahrzehnten das Problem der globalen Überbevölkerung relativiert worden. So richtig lustig hätte das aber niemand gefunden. Mal abgesehen davon, dass Konservative und Klerikale einmal mehr harmlose Rockplatten auf satanische, aber zumindest suizidale Botschaften untersucht hätten. (Ich wage die Prognose: mal wieder vergeblich.)

"Think For Yourself" heißt das zweitbeste Lied auf dem Debüt von The Notwist - die übrigens ein weiteren Beispiel für radikale Erneuerung sind, die man nicht zwingend feiern muss. Und das ist vielleicht die dritte ultimative Wahrheit, die auch so genannt werden kann: Der eigene Verstand, die eigenen, gerne auch verqueren Gedanken, das eigene Leben - nur darauf kommt es an.

Wer damit etwas Positives anstellt, hat das verstanden, was mancher vielleicht pathetisch den Sinn des Lebens nennen mag. Und nutzt die Zeit zwischen erstem und letztem Atemzug. Als Dünger ist es dafür zu spät.