Sonntag, 29. September 2019

Nicht im Fernsehen

"Zunächst mal herzlich willkommen, Markus. Die wichtigste Frage, die wohl uns allen auf der Seele brennt: Du hast ja den anstrengendsten Job der Welt - wie schaffst du es, damit klarzukommen? Jeder andere würde ständig seine Freunde auf Facebook damit nerven, wie schlecht es ihm geht... Aber du erträgst das tapfer und klaglos. Was ist dein Geheimnis?"

"Nun, berühmter Talkmaster Conan O'Brien, danke für die Einladung und die interessante Frage. Wie ich es schaffe, so beeindruckend locker mit einer Arbeit umzugehen, die jeden anderen sicher fertigmachen würde? Naja, ich denke, ich verschaffe mir einfach Ablenkung im Privatleben. Eine gehörige Portion Eskapismus hilft schon sehr dabei, mit einem unfassbar fordernden Job wie meinem umzugehen."

"Da muss ich mal einhaken, lieber Markus: Was genau tust du denn, um Abstand von deiner zwar wichtigen und anspruchsvollen, aber eben auch unglaublich stressigen Arbeit zu gewinnen?"

"Naja, berühmte Komikerin und Co-Moderatorin Ellen DeGeneres, was soll ich sagen? Meine Tipps sind: schlafen, wann immer es geht, Serien gnadenlos wegbingen - am besten Comedy, Mystery und Fantasy, also alles mit -y am Ende -, Rock der 70er und 90er hören, Schlagzeug spielen, Friesenkrimis lesen, regelmäßig den Sonntagabend-Krimi gucken, noch regelmäßiger Gewichte stemmen, Nerd-Kram, Tonträger und Filme sammeln, den Nachbarn aus dem Weg gehen, ab und zu ins Kino... Aber vor allem - und jetzt hört mir bitte genau zu, Ellen und Conan..."

"Machen wir! Sag endlich!"

"Komm schon - spann' uns nicht auf die Folter!"

"... vor allem: Verbringt soviel Zeit wie möglich mit den wichtigen Menschen in eurem Leben. Und achtet darauf, dass es gute Menschen sind. Denn dann und nur dann kommt ihr klar im Leben. Selbst mit einem aufreibenden Job wie meinem."

Dienstag, 24. September 2019

Auf der Straße

Nein, sie gingen nicht zurück. Sie gingen auf die Straße. Sie waren aufgestanden, um etwas zu ändern. Das hatten sie sich vorgenommen, das würden sie auch tun. Anfangs waren es nur wenige, aber dann wurden es immer mehr. Ihre Zahl wuchs, bis man sie nicht mehr übersehen konnte. Und nicht mehr überhören. An ihrer Spitze lief ein Mensch, der zu einem Symbol geworden war. Der aussprach, was sie alle bewegte und weswegen sie nebeneinander liefen. Er sprach von Ungerechtigkeit und davon, dass es so nicht weitergehen könne. Vor allem sprach von der Zukunft, die hier und heute in den Händen der Menschen lag. Er sprach von seinem Traum.

Ihre Gegner versuchten, sie lächerlich zu machen. Ihresgleichen sollte sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Es sei nicht ihre Aufgabe, sich solche Gedanken zu machen. Sie seien nicht gebildet genug, um überhaupt mitreden zu können. Und die Zukunft sei nicht ihre. Häme, aber auch Hass und Aggressionen schlugen ihnen entgegen, als sie durch die Straßen gingen. Männer, Frauen, Kinder - Seite an Seite, eine unbeirrbare Masse. Nicht aufzuhalten von den Lügen und der Gewalt ihrer Feinde.

Heute wissen wir, dass sie Recht hatten. Heute sind viele ihrer Ziele keine unerfüllten Träume mehr, sondern längst erreicht. Ihre Gegner haben sich geirrt, denn die Menschen, die damals auf die Straße gingen, haben die Welt verändert. Der Preis: Der Mensch an der Spitze dieser Bewegung wurde ermordet. Doch seine Worte sind Legende, seinen Namen kennt heute jeder: Martin Luther King.

Gut, dass es damals noch kein Facebook gab.