Freitag, 14. September 2012

Tagein, tagaus

New Order: Blue Monday Irgendwie habe ich New Order immer übel genommen, dass sie nicht Joy Division sind. Zu sehr unterscheidet sich ihr tanzbarer Pop von der drängenden Düsternis im Kopf des völlig zu Unrecht schon lange toten Ian Curtis. Man muss schon sehr genau hinhören, um die Gemeinsamkeiten zu entdecken. Und man muss fair sein. Wer will das schon? Eine der Gemeinsamkeiten ist der Bass von Peter Hook. Der ist vor fünf Jahren ausgestiegen. Also ganz unfair: Ihr Bizarre-Auftritt 1993 war grausam langweilig. Die Woche fängt ja gut an. Ach ja: Ich liebe Blue Monday. Und sämtliche anderen New-Order-Hits.

Lynyrd Skynyrd: Tuesday's Gone Im Ox schrieb mal einer über seine Vorliebe für Southern Rock. Im Ox. Nicht in der Spex. Das macht es mir leichter, zuzugeben, dass ich diese Vorliebe teile. Ich mag es, wenn zwei bis drei Gitarren von Freiheit singen. Das übertönt so schön den stumpfen Patriotismus dahinter. Auf der Autobahn kann ich textsicher all die Klassiker mitgröhlen, die von stumpfer Freiheit und patriotischen Gitarren handeln. Deshalb mache ich das auch. Ist der Dienstag gegangen, gebe ich gerne zu: Das ist nicht ihre beste Nummer.

Lisa Loeb: Waiting For Wednesday Ich habe Lisa Loeb leider niemals live gesehen. Dabei habe ich nach "Tails" und dem zugehörigen Artikel im Musikexpress kurzzeitig überlegt, ihr einen Heiratsantrag zu mailen. Sie macht Musik, die in einer gerechten Welt in Buchläden laufen würde. Ich mag Buchläden, und ich mag Musik. Schade, dass die von Frau Loeb nach ihrem Debütalbum immer ein bisschen egal war. Das allerdings gehört in jeden guten Haushalt.

Morphine: Thursday Mark Sandman war ein Genie. Diese Behauptung kann ich anhand zweier Fakten belegen: Erstens gab und gibt es keine zweite Band außer Morphine, die so perfekt auf der Linie zwischen Minimalismus und Barjazz balanciert. Und zweitens hat es nach ihrem Sänger und Bassisten niemand mehr geschafft, sich Tom Waits anzunähern, was die Beschreibung schräger Film-noir-Dramen angeht. Im regennassen Asphalt der Hinterhöfe spiegelt sich der Vollmond. Und dazu zieht einer die vier Saiten, quält ein anderer sein Saxophon, klopft ein dritter auf seine Drums. Gänsehautmusik.

The Cure: Friday I'm In Love Schön für Robert Smith. Vermutlich meint er die Liebe zum chartstauglichen Pop. Schwarze Explosionsfrisur vor pinkfarbenem Hintergrund. Soll fröhlich klingen. Tut es auch. Manchmal: leider.

Dead Kennedys: Saturday Night Holocaust Ist eigentlich kein Punk und genau deshalb eben doch. Man hört förmlich den Schweiß auf Jello Biafras Mikro spritzen, sieht vor dem geistigen Auge, wie sich seine Mitstreiter einen verdrehten Wust aus allem abringen, was den Klischees "ihrer" (?) Musik entgegensteht. Kantig und kratzbürstig, eloquent und einzigartig, virtuos und verwegen. Die Dead Kennedys halt.

U2: Sunday Bloody Sunday "This song is not a rebel song!" Sollen ruhig alle mit leicht verächtlichem Grinsen auf die frühen Jahre blicken, soll Bono meinetwegen seine Stubenfliegen-Sonnenbrille auf den Benefizempfängen dieser Welt spazieren tragen - das hier sind U2, wie ich sie kennen und lieben gelernt habe. Was vielen heute als Pathos gilt, nenne ich Hingabe. Und irgendjemand musste doch die Welt retten. Seinerzeit haben das eben gerne mal die Iren übernommen (siehe Live Aid). Nichts gegen "The Fly", nicht mal was gegen "One". Doch gegen die heißblütigen, unschuldigen, aufregenden Hymnen der Anfangszeit wirken diese wohljustierten Zeitgeist-Zugeständnisse einfach zu glattgebügelt. Aber das soll ja wohl so sein.