Samstag, 22. Juni 2024

Schall und Rauch

Hattet ihr in eurer Kindheit oder Jugend auch Freunde oder Bekannte, die Namen falsch verstanden und ausgesprochen haben? Mir fallen spontan zwei selbst gehörte Beispiele ein.

Und daher gehen an dieser Stelle viele Grüße raus an meinen Mitschüler Peter in der zehnten Klasse, der sich immer sehr gefreut hat, wenn ich das T-Shirt trug, auf dem eine meiner Lieblingsbands abgebildet war, die er offenbar auch ganz gut fand. Er nannte sie "die Remonies".

Weitere Grüße gelten meinem Nachbarsjungen Manuel, mit dem ich Ende der 70er Jahre oft einträchtig in der Sandkiste saß. Wir spielten meist mit kleinen Figuren, die Charaktere aus einem damals relativ aktuellen Kinofilm darstellten. Besonders beeindruckt war er augenscheinlich vom stets schwarz gekleideten Antagonisten - allein dessen Name sorgte bereits für Angst und Schrecken in der Galaxis... Gemeint ist natürlich "der Sweder".

Mittwoch, 19. Juni 2024

Aus dem Meer

"Aber warum jetzt?" Während er diese Frage stellt, betrachtet er mich mit einer Mischung aus Neugier und Ekel. Ganz egal, was sie fühlen, sie ekeln sich immer ein wenig vor uns. "Ich meine, warum nicht schon vor Jahren? Oder Jahrhunderten?"

"Wir sind sehr geduldig", antworte ich. "Aber wir wussten, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem ihr uns braucht. Oder besser: an dem der Planet uns braucht. Um ihn vor euch zu beschützen."

Sein Blick wird traurig, ohne den Ekel zu verlieren. "Wir haben viel Arbeit vor uns", sagt er. "Die Zusammenarbeit dürfte kompliziert werden." Manchmal sind sie gar nicht so dumm, denke ich sarkastisch.

"Keine Sorge, wir können ganz gut an Land überleben", beruhige ich ihn. "Ihr müsst also nicht zu uns ins Meer kommen. Zumindest nicht dauernd." Wieder Ekel in seinem Blick.

"Das... das ist gut." Er wirkt ratlos. Und irgendwie kann ich ihn verstehen. Er und ich sind die Abgesandten der beiden klügsten Völker der Erde. Aber seines ist eben nicht ganz so clever wie meines. Sie brauchen Werkzeuge, Maschinen, Computer. Waffen. Wir haben unseren Verstand.

"Vermutlich wäre euch lieber, die Delfine hätten offenbart, intelligenter als ihr zu sein, und ihre Hilfe angeboten", sage ich. "Ihr Aussehen hätte es euch einfacher gemacht. Immerhin scheinen sie zu lächeln wie ihr." Da hätte es vermutlich mehr Spaß gemacht, mit einer anderen Spezies die Natur zu bewahren. Niemand würde sich ekeln. Wir können nicht lächeln. Aber wir haben andere Vorteile.

Zum Beispiel sind wir wirklich deutlich klüger als sie. Und wir haben sechs Arme mehr.

Sonntag, 16. Juni 2024

Eitel Sonnenschein

Ich habe "Wer wird Millionär?" seit Jahren nicht gesehen, weil ich kaum noch Linearfernsehen schaue und RTL nicht mehr empfangen kann. Aber ab und zu bekomme ich über Social Media mit, wenn dort mal was Besonderes passiert. Vor kurzem ist zum Beispiel ein Kandidat an der 500-Euro-Frage gescheitert.

Nun haben die ersten paar Fragen häufig mit Wortspielen oder Redewendungen zu tun. Mir erscheint der junge Mann, der auf dem Stuhl saß, durchaus gebildet (und im Übrigen gar nicht unsympathisch), aber das spielt an dieser Stelle der Show nicht immer eine Rolle. Die Frage lautete: "Wie wird der redensartliche 'Sonnenschein' charakterisiert, der verdeutlichen soll, dass alle glücklich und zufrieden sind?" Die Antwortmöglichkeiten: "A: eitel, B: kokett, C: affektiert, D: selbstgefällig."

Der Kandidat nahm den 50:50-Joker und entschied sich dann für die falsche Antwort. Inzwischen ist auf Instagram und YouTube eine gewohnt aggressiv geführte Diskussion darüber entbrannt, ob "man" die korrekte Antwort wissen müsse oder nicht. Im Wesentlichen spalten sich die Debattierer in zwei Gruppen, nämlich "alte weiße Männer/vermeintliche Boomer/Greise und Krüstchen" auf der einen und "Generation Z/Gendersternchen-Straßenkleber/junge Leute" auf der anderen Seite. Ihr seht, es geht nicht darum, sachlich Argumente auszutauschen.

Meine Meinung dazu: Ich finde, man sollte diese Redewendung (die von manchen fälschlicherweise als Sprichwort bezeichnet wird) kennen. Sie ist nicht besonders ungewöhnlich, kann man mal gehört haben. Aber ich akzeptiere, dass es offenbar tatsächlich eine Rolle spielt, wie alt man ist. Sprache entwickelt sich weiter. Und zwischen "wohlan, der Oheim wünscht mich zu dieser späten Stunde zu sehen" und "real talk, Diggi, lass mal Oppa gehen" liegen nun einmal ein paar Jahrzehnte.

Ich habe selbst täglich mit Menschen zu tun, die halb so alt sind wie ich - und mit denen ich beispielsweise kürzlich darüber diskutieren musste, ob es die Formulierung "Stellung nehmen" wirklich gibt oder ob ich mir sowas in meinem dementen Schädel ausdenke und auf juvenile Unterstützung angewiesen bin. Die wüssten die richtige Antwort auf die Frage ebenfalls nicht.