Sonntag, 13. April 2014

Herzensangelegenheiten

Es war nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Als die Afghan Whigs im KFZ spielten, hatten sie ihr gemeinhin als Meisterwerk gefeiertes Album "Gentlemen" noch nicht veröffentlicht, und auch mit der entsprechenden Attitüde hatte Greg Dulli nicht viel am Hut. Seinerzeit hatte der Mann mit schlechten Angewohnheiten zu kämpfen, zudem vielleicht einen ebensolchen Tag - auf jeden Fall verbuchte ich den Auftritt unter "ganz okay".

Ein Jahr später hörte ich zum ersten Mal den Titelsong der erwähnten Platte, der nicht nur auf Platz zwei meiner damaligen Afghan-Whigs-Lieblingslieder-Bestenliste hinter "Miles Iz Ded" rückte, sondern mich vor allem zum Fan machte. Dabei war nichts daran auf Hit gestrickt: Die Band aus Ohio galt immer als Schnittstelle zwischen Grunge und Soul, wobei diesmal die Seele überwog. Und die war tiefschwarz - wir tanzten zu einer Ode auf triste One Night Stands ("Your infection, please - I haven't got all night"). Vermutlich war es weniger der düstere Text, der die Zahl der Fans steigen ließ, sondern mehr die Melodie und dieser absolut einmalige, unnachahmliche Groove.

Endgültig geschehen war es um mich, als "Black Love" herauskam. 1996 war das; ich hörte das wahre Meisterwerk der Dulli-Gang mit den magischen Kopfhörern im "Musikladen". Mit denen klang zwar wirklich alles toll, vermutlich hätten einen auch schrammeligste Proberaum-Tapes begeistert. Aber "Blame, etc." wurde zum Song für die einsame Insel, die gleichfalls einsamen Nächte und traurigen Tage, zugleich die Hymne für sonnige Autofahrten, der Fußwipper für launige Feiern und das Lieblingsliebeslied, das man mit Mitte 20 nun mal braucht.

1998 folgte "1965", Pflichterfüllung und Abgesang und trotzdem besser als vieles, das in den Jahren nach dem Hype um Cobain und karierte Hemden auf den Markt geworfen wurde.

Jetzt sind sie wieder da. Ein halbherziger Comeback-Versuch Anfang des Jahrzehnts und Gregs wenig zwingende Experimentierphase mit anderen Projekten dürfen endgültig vergessen werden. "Do To The Beast" ist eine Aufforderung, die keine Weigerung duldet, von einem, der schlechte Angewohnheiten abgelegt hat und eben deshalb darüber singt. Von einem Gentleman, der keiner sein wollte. Von einem One Night Stand, der zur Liebe auf den zweiten Blick wurde.


It wasn't exactly love at first sight. When the Afghan Whigs played our local club, they hadn't released their commonly acclaimed "Gentlemen" album yet, and Greg Dulli didn't care much about his attitude. At that time the man seemed to have bad habits, maybe had a bad day as well - in any case I remember their performance as "okay".

One year later I heard the title song of the new record for the first time, which not only directly moved to second place of my Afghan Whigs favorite song list (behind "Miles Iz Ded"), but above all made me a fan. Though nothing about it was pop: The band from Ohio was always considered as an interface between grunge and soul, this time the soul outweighed. And it was a deep black soul - we danced to an ode to dull one night stands ("Your infection, please - I haven't got all night"). Anyway it wasn't the dark lyrics that raised the number of fans, but rather the melody and this absolutely unique, inimitable groove.

It finally happened to me when "Black Love" came out. That was in 1996; I listened to the true masterpiece of the Dulli gang with the magic headphones in our little record store. "Blame, etc." became my song for the lonely island, the lonely nights and sad days, as well as the anthem for sunny car rides, the footwipper for humorous celebrations and the favorite love song that you need in your mid-20s.

"1965" followed in 1998, duty fulfillment and swan song and still better than many of the albums that came out in the years after Cobain.

Now they are back. "Do To The Beast" is a request that doesn't tolerate any refusal, from one who has made some bad decisions and proudly sings about that. From a gentleman who never wanted to be one. From a one night stand that became true love at second glance.