Freitag, 29. November 2024

Familienstreitigkeiten

Hattet ihr schon mal Familienstreitigkeiten am Kaffeetisch über Nichtigkeiten? Also nicht über Politk oder das Klima oder Corona. Auch nicht über das Erbe von Oma Hildegard. Sondern über Kinkerlitzchen?

In meiner Verwandtschaft gab es einige Themen, mit deren Erwähnung man bürgerkriegsähnliche Zustände auslösen konnte. Meine Mutter und ihre Schwestern gehörten einer Generation an, die auf Schulbildung für Frauen keinen großen Wert legte. Sie hatten alle die "Volksschule" in ihrem ländlichen Stadtteil besucht, wo ein stramm doitscher Lehrer vier Klassen gleichzeitig unterrichtete. Manches von dem, was er den Kindern beibrachte, war schlicht Blödsinn.

So glaubten meine Tanten, die historische Zeitlinie beginne im Jahr 1, mit der Geburt Christi. Ich habe tausendmal versucht, ihnen klarzumachen, dass selbige im Jahr 0 verortet wird und man von vor und nach Christi Geburt spricht. In ihrer Welt existierte vor Marias mysterlöser Niederkunft nichts. Sie wussten nichts über die Urzeit oder die Antike. Selbst mein Einwand, dass weite Teile der Bibel ja davor spielen, die drei Könige offenbar schon da waren und irgendjemand die verschissene Krippe gebaut haben muss, sorgten allenfalls für Verwirrung statt Verständnis.

Die diskutable Bildung der betagten Damen war für sie unantastbar und stellte eine Geschichte dar, die ein Jahr nach Jesus' Geburt mit seiner Geburt begann und in der es vorher entgegen aller Logik einfach nichts gab. Adam, Eva, Saurier, Mammuts, das Alte Rom und das ebensolche Griechenland wurden zwar irgendwie als gegeben hingenommen, aber nicht in das für tausend Jahre zementierte Halbwissen integriert, das der linientreue Fingerklopfer ihnen einst eingetrichtet hatte. Man ahnt, wie Diktaturen funktionieren.

Jedenfalls: Wenn mir beim Geburtstagskränzchen langweilig wurde, brachte ich das Gespräch gerne mal auf den Geschichtsunterricht anno Tobak, lehnte mich zurück und genoss das Chaos.

Donnerstag, 14. November 2024

Ruhiges Landleben

Dass mein Nachbar nebenan in seinem Alter noch sehr fit ist, freut mich für ihn und seine Familie. Schon beeindruckend, mit welcher Wucht der Mittsiebziger sein Beil auf das Brennholz krachen lässt, damit er und seine Ehegattin es gemütlich warm haben im Eigenheim. Fast genau so freue ich mich für den Nachwuchs der Familie, die gegenüber wohnt. Der Teenager feiert gern, lädt sich Freunde ein und hat eine gute Zeit mit viel Gelächter und lauter Musik. Prima, er soll sein Leben genießen, man ist ja nur einmal jung.

Das mit der Freude gilt auch in der Lebensphase der betagten Witwe, die einige Meter die Straße runter wohnt. Dass ihre Verwandten sie oft besuchen, wärmt einem richtig das Herz. Da ist immer was los, jede Menge spielender Knirpse, bellende Hunde, man tobt sich aus. Wenn nicht gerade Kinder und Enkel zu Besuch sind, sorgen fleißige Handwerker dafür, dass das Haus der guten Frau in Schuss bleibt. Es wird gehämmert und gebohrt, im Namen von Werterhalt und Wirtschaft.

Da schließe ich mich selbstverständlich gerne an. Die Ruhe auf dem Land ist ein Mythos, der endlich ein Ende haben muss. Für mich ist ab und an etwas Stubenmusik die perfekte Zerstreuung. Ich spiele übrigens Schlagzeug.