"Fool" sprach mir immer aus der Seele. Wer hat sich nicht schon wie ein Narr gefühlt? Henry Rollins auf jeden Fall, dabei ist er doch eigentlich ein Held, denn er gibt es zu.
Dieser brüllende, volltätowierte Wutklotz, in der weniger muskelbepackten Jungspundvariante am Mikro bei Black Flag zu finden, ist längst ein etablierter Künstler. Und pfeift drauf, dass das möglicherweise nicht jedem gefällt. Überhaupt: Dem nun auch schon 51-Jährigen fehlt vermutlich die Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, was andere von ihm halten. Er ist das Arbeitstier, als das er sich präsentiert: Schreiben, singen, erzählen, pumpen, schauspielern, schreiben...
Ab und an lege er mal eine Jazz-Platte auf, gab er einst zu Protokoll. (Eine Vorliebe, die man der Musik der Rollins Band übrigens durchaus anhört.) Viel mehr an Privatleben oder gar Freizeit gönne er sich nicht. Ich vermute: Auch zu John Coltranes "Up 'gainst The Wall" lassen sich Gewichte stemmen. Und probiere es demnächst mal aus.
Rollins' größte Leistung ist sicher nicht die fein nuancierte Darstellung eines Survivaltrainers in "Wrong Turn 2: Dead End". Vermutlich sind es nicht mal die Black-Flag-Klassiker oder seine Solo-Alben "The End Of Silence" und "Weight", obwohl das alles selbstverständlich in jede gut sortierte Tonträgersammlung gehört. Am meisten beeindruckt hat mich "Eisenheinrich" (wie ihn das gewohnt stilsichere Visions gern mal nannte) in der Sendung "Durch die Nacht mit Shirin Neshat und Henry Rollins". Da zeigte sich der massige Musiker im nächtlichen New York an der Seite der iranischen Künstlerin von seiner eloquenten, ausgesucht höflichen und erstaunlich verletzlichen Seite.
Ein Narr, wer davon überrascht war.