Crash Test Dummies. So wollten wir uns nennen. Der Name war
gut, denn er ließ keine Rückschlüsse auf unser musikalisches Konzept zu.
Wir hatten nämlich keins. Dann kam Christoph eines Tages in den Proberaum
und berichtete von einer CD, die er auf dem Wühltisch vor dem
Musikladen entdeckt hatte und offensichtlich von einer Band namens Crash Test Dummies aufgenommen worden war. (Die wiederum war damals noch weit
von ihrem einzigen Hit entfernt.)
Also dachten wir uns
einen neuen Namen aus und begangen jenen Fehler, der nicht nur der erste
große in unserer Karriere sein sollte, sondern außerdem dafür sorgte,
dass diese nur sehr kurz währte. Nie hatte eine junge, motivierte Band
auf dem Weg nach oben ein weniger glückliches Händchen bei der Wahl
ihres Namens bewiesen. Wir nannten uns "Bad Ettler".
Rainer
"Easy" Ettler war damals der Herausgeber des Zillo, jenes Blättchens
also, das mehrere Jahre lang so ziemlich die einzige Musikzeitschrift
war, in der die Bands stattfanden, die wir flaumbärtigen
Nachwuchs-Indierocker gerade für uns entdeckt hatten. Wir fanden Herrn
Ettler ziemlich dämlich, machten uns über sein Porträtbild lustig, mit
dem er stets sein Editorial schmückte. Daher versahen wir Easys verlebte
Visage mit jenem Verbotsschild, das wir von Bad Religion kannten und
liebten. Das bitterböse "Bad" nahmen wir gleich mit.
Um es
kurz zu machen: Dieser selten bekloppte Name brachte uns in der Folge
reichlich Spott und Unverständnis ein. Die harmloseren unter unseren
ungezählten Kritikern waren jene, die vermuteten, Bad Ettler sei ein
Luftkurort in der Eiffel. Und dabei hatte noch niemand je einen Ton von
uns gehört. Die Glücklichen. Neulich habe ich unser erstes und einziges
Demo aus der Schublade gekramt, das Cassettendeck meiner Stereo-Anlage
von Spinnweben befreit und mir jene grauenerregende halbe Stunde
angehört, mit der wir seinerzeit angetreten waren, die Musikwelt zu
revolutionieren. Und die übrige Welt dazu.
Matti besaß ein
Mikrofon, also war er unser Sänger. Klingt eigentlich ziemlich nach
Punkrock. Leider sah unser Frontmann seine Berufung eher darin, mit
seiner Mundharmonika auf den Spuren von John Mayall zu wandeln. Dies
brachte ihm die Missgunst unserer beiden Gitarristen ein: Christoph und
Dirk hörten gerne New Model Army und Slime. Bedauerlicherweise klang
diese Vorliebe vergleichsweise selten in den häufig unverzerrten
Gitarrenläufen durch, die sie mit grimmiger Miene aus ihren Instrumenten
zupften. Alex wollte schon immer Bass spielen, also tat er das auch.
Technisch war er erstaunlich gut, vor allem gemessen an dem Umstand,
dass er sich den Viersaiter erst wenige Wochen vor unserer ersten Probe
gekauft hatte. Das Schlechteste an ihm waren seine schwer erträglichen
Protest-Texte. Das Beste an ihm war sein geradezu gigantischer
Verstärker, der laut Aufschrift von einer einzigen Person problemlos
transportiert werden konnte. Das Gerät war groß wie ein Einbauschrank
und schwer wie eine Kühltruhe.
Zu dritt schleppten wir es
einmal wöchentlich auf den Dachboden von Mattis Eltern. Dort stand auch
meine Schießbude, ein mehrfach geflicktes No-Name-Kit mit gesplittertem
Crash-Becken und quietschender Fußmaschine. Der Rest ist Geschichte.
Schlimme Coverversionen. Zoff im Proberaum. Ein einziges Konzert (an
Silvester, natürlich ebenfalls auf dem Dachboden). Der große Krach. Dann
haben wir Abi gemacht und uns aus den Augen verloren. Nur mit Matti bin
ich immer noch befreundet, aber er hat kein Mikro mehr, und mein
Schlagzeug vergammelt auf dem Speicher.
Es lag am Bandnamen. Da bin ich ganz sicher.