Das ist doch..? Nein, das ist nicht Pete Doherty,
sondern Schauspieler Sam Riley, der in Anton Corbijns Joy Division-Biografie "Control" deren Sänger Ian Curtis verkörpert.
Eigentlich ein geschickter Schachzug vom grimmigen Niederländer - passt
also zu seinem Faible für Schwarz und Weiß. Denn alles, was nach Doherty
aussieht, zieht die Blicke auf sich. Manchmal gar die von
musikinteressierten Menschen, immer jedoch die von jenen, die beim "Stern"-Lesen im Wartezimmer ihres Zahnarztes alles überblättern, was
mit Politik zu tun hat.
Der Immer-mal-wieder-Bettgenosse
von Magermodel Kate Moss ist natürlich längst auch Nichteingeweihten ein
Begriff. Erfahren sie allerdings, was dieser aschfahle,
schweißglänzende Brite beruflich macht, reagieren sie häufig überrascht.
Tatsächlich:
Irgendwo hinter der schief im Mundwinkel hängenden Fluppe und unter dem
zerknautschten Hut scheinen sich die Resthirn-Rudimente von
Proll-Peterle daran zu erinnern, was jener in seiner nicht allzu lange
zurückliegenden Jugend in den CD-Wechsler drückte (sic!). Ein bisschen Clash, etwas Brit-Pop, das Ganze eher unbeholfen arrangiert - fertig ist
die Musik, mit der zunächst die Libertines, später die Babyshambles
ihre fanatischen Anhänger beglückten. So richtig spannend ist das leider
nicht, dafür mit jenem Charme gesegnet, der auch
Heimvideo-Fernsehsendungen zu eigen ist. Irgendwas ist immer, am
schweren Unfall auf der Autobahn fahren wir ja ebenfalls mit
weitaufgerissenen Augen vorbei. Objektiv betrachtet macht uns das zu
moralisch fragwürdigen Zeugen des Verfalls. Denn immerhin sehen wir
einem Mittzwanziger beim Sterben zu.
Dohertys weibliches
Gegenstück heißt Amy Winehouse. Auch sie verfügt über optische Attribute
von hohem Wiedererkennungswert (Marge-Simpson-Frisur, schlechte
Tattoos), und wie der angebliche Gralshüter des britischen Rock ist ihr
Talent allenfalls überschaubar. Nicht ohne Grund erwähnt jeder Kritiker,
der die Stimme der sinistren Nachwuchsdiva lobt, direkt danach ihre
Hautfarbe. Wenn sich ein weißes Mittelschicht-Hühnchen redlich müht, wie
ihre schwarzen Vorbilder aus Papis Plattensammlung zu klingen,
verschafft ihr das eine Art umgekehrten Exotenbonus. Oder um es mit Volker Pispers zu sagen: Wenn "besser als erwartet" ein
Bewertungskriterium wird, melde ich mich bei der Tour de France an.
Alles
in allem sollte den beiden verlebten Vertretern durchschnittlich
interpretierter Rock- und Soul-Musik jedoch unser Mitleid sicher sein.
Ian Curtis war Anfang 20, als er aus dem Leben schied.