Irgendwann habe ich die Antenne einfach abgeknickt. Ich höre nie Radio,
auch nicht beim Autofahren. Musik darf keine akustische Tapete sein.
Dabei übt die Idee, andere - gar landesweit - am eigenen Musikgeschmack
teilhaben zu lassen, durchaus eine starke Faszination aus.
Jedoch
hat Radio in Deutschland rein gar nichts zu tun mit John Peel oder den
Jungs aus dem sehr guten Film "The Boat That Rocked". In der guten,
alten Zeit war das anders, gerät der alternde Plattensammler ins
Schwärmen. Klaus Walter erwies sich nicht nur übern Äther als gestrenger
Kritiker der Beliebigkeit, sondern war auch im Interview ein streitbarer
Gesprächspartner mit Ecken und Kanten. Also grundsympathisch. Und bevor Volker Rebell in die altersmilde Ethnopop-Verliebtheit wegdümpelte,
machte er seinem Nachnamen alle Ehre. (Wie oft er das wohl schon gehört
hat?)
Der große Formatradio-Gott aber strafte derlei
Außenseitertum trotz stabiler Fanbasis mit gnadenloser Abschiebung, seit
langem ein gern verwendetes Mittel, um die Republik frei zu halten von
allem, was anders ist. In die Nische, aus dem Sinn, raus aus meinem
Leben und damit auch aus diesem Blog.
Einst saßen wir
am Jahresende mit langen Listen vor der Stereoanlage und lauerten
darauf, begehrte Hits und Klassiker ohne Gequatsche aufs Band bannen zu
können. "Hit-Container" hieß das. Später fehlte uns gerade das
Gequatsche, und die Songs hatten wir auf CD und/oder Festplatte. Heute
gibt es Blogs und Podcasts, aber es ist nicht das Gleiche. Das alles
gilt übrigens sicher nicht nur für die meiner hessischen Herkunft
geschuldete Auswahl, von der hier die Rede ist.
Was
bleibt, ist jene quälende Kombination von genormter Musikauswahl aus dem
Großrechner und unerträglich langweiligem Geplauder dazwischen. Die
Radiotage sind vorüber. Die Antenne ist abgebrochen.
Volker Rebell über Lou Reed