Da quietscht doch was! Infernalischer Krach
tönt aus den Boxen, dazu ist gutturales Grunzen zu hören.
Unverständliche Schreie, gefolgt von einem dissonanten Kreischen und
strukturlosem Lärm, der entfernt an einen Rhythmus erinnert. So oder so
ähnlich beschreiben jedenfalls Uneingeweihte, was Eingeweihten heilig
ist.
Komm schon, fühl den Lärm - dieser Aufforderung
leistet nur Folge, wer sich auskennt in der düsteren Welt jener
Stilrichtungen, die häufig auf -core enden. Dabei schlummern schwarze
Perlen in der schlammigen Pfütze, deren Untiefen einzig beherzten Hörern
als Spielwiese dienen. Das Debütalbum der britischen Grindcore-Pioniere Napalm Death etwa sei allen Unverzagten ans Herz gelegt:
Kompromissloser und brutaler war Musik (im weitesten Sinne) nie zuvor
und niemals wieder. "Scum" (Abschaum), so der Name des knapp
halbstündigen Infernos, ist in diesem Fall als Ehrentitel zu verstehen.
Wer unten ist, muss laut sein, um sich Gehör zu verschaffen. Und wer im
Namen aller Unterdrückten brüllt, muss dies doppelt laut und dreifach
schnell tun. Keine Zeit für Gefühle - allenfalls für Hass und Wut.
Da
erscheinen sämtliche, auch von intellektuellen Spex-Abonnenten mit
wohligem Schauer in Lieblingslisten aufgenommene Slayer-Alben wie
Märchenplatten. Was sie streng genommen auch sind: Wenn Napalm Death von
Tod und Verderben singen, meinen sie Krieg, Umweltzerstörung und
Hoffnungslosigkeit. Slayer-Frontmann (so werden Sänger im
Metal-Mikrokosmos genannt) Tom Araya hingegen erzählt von Teufeln,
Dämonen und allenfalls auf dumpf-provokante Art vom Grauen des Zweiten
Weltkriegs.
Damit derlei dunkle Gedankengänge nicht den
langhaarigen Steinewerfern vorbehalten bleiben, versuchen sich auch
Jazzer und einstige Avantgarde-Rocker an der Nicht-Musik. Pat Methenys "Zero Tolerance For Silence" straft jeden Lügen, der den lockenköpfigen
Schöngeist für eben diesen hält. Der kann auch anders! Erst nach
mehrmaligem Hören (der Selbstversuch ergibt: zehn- bis fünfzehn Mal)
kristallisieren sich Songstrukturen heraus, die die Brillanz des
notorisch gut gelaunten Jazz-Gitarristen erkennen lassen. Und seine
dunkle Seite.
Ähnlich verstörend: die legendäre "Metal
Machine Music" von Lou Reed und Neil Youngs Feedback-Spielereien auf
seinem Live-Album "Arc/Weld". Der frühere Velvet Underground-Vordenker
hat einfach seine stets schlechte Stimmung vertont - mit einer
Stromgitarre und allem, was sich aus dieser pressen lässt. Kanadas
knurriger Querkopf hingegen verglich die Rückkopplungen zwischen den
Liedern mit Ingwer, das Feinschmecker zwischen exzellenten Mahlzeiten zu
sich nehmen.
Gourmets wissen also: Wenn's quietscht, ist alles in Ordnung.